Teil VI: Arbeitsmaßnahmen/Tipps bei unseren Bonsais im Juni


 

Unsere Bonsai im Juni - Pflegen,  pinzieren, gesund erhalten

 

Überblick

 

  • Umtopfen, Schneiden
    Umtopfen und Wurzelschnitt sind längst passé. Höchstens „Notumtopfungen“ bei kränkelnden Bäumen können durchgeführt werden, um die Ursache zu ergründen. Die Wurzeln bleiben jetzt auf jeden Fall unbearbeitet, lediglich tote und faulende Wurzeln werden entfernt.
  • Pflegen und Gestalten, Pinzieren
    An bereits gestalteten Laub-Bonsai wird nach dem ersten Austrieb nun auch der nachfolgende Neutrieb pinziert (sh. artspezifische Hinweise).
    An Nadelbonsai wird das Einkürzen der neu gewachsenen Kerzen fortgesetzt. Wollen wir „tanbahoo“ anwenden, warten wir bis die Nadeln voll entwickelt sind.
  • Giessen
    Wir giessen regelmässig, auch bei bedecktem Wetter. Bei Regen kontrollieren wir, ob genügend Feuchtigkeit den Wurzelballen erreicht.
  • Düngen
    • Die meisten (Laub-)Bonsai und Lärchen haben ihre Blätter voll entfaltet und können regelmässig gedüngt werden.
    • Auch Nadelbonsai (Fichten, Kiefern, Wacholder) düngen wir nun regelmässig.
    • Die organische Düngung wird fortgesetzt, sobald die alten Düngerpellets verbraucht sind.
  • Artspezifische Hinweise
    • „Fertig gestaltete“ Spitz- und Fächerahorne, Zelkowen, Hain- und Rotbuchen werden weiter pinziert, sobald das erste Blattpaar des zweiten (oder dritten) Triebs voll entfaltet ist.
    • An Fichten werden die neuen Triebe selektiert und eingekürzt. Wird der Neuzuwachs an Fichten zu spät entspitzt oder gar geschnitten, erfolgt meist kein weiteres Wachstum mehr an diesen Zweigen und sie sterben im Lauf der Zeit ab.
    • Bonsai in der Aufbauphase werden nicht pinziert.
  • Krankheiten und Schädlinge
    Wir achten weiter auf Schädlinge, insbesondere die verschiedenen Blattlausarten aber auch auf pilzliche Erreger.

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Im Juni geht es vor allem um Gestaltungs- und Gesunderhaltungs-Massnahmen nach dem ersten Wachstumsschub im Jahr. Jede Aktion muss begründbar sein, damit Sinn und Zweck der Massnahme klar sind.
Wir verfolgen das Ziel, in möglichst kurzer Zeit wertvolle Bonsai zu gestalten.  

 

· Umtopfen

ist längst beendet und auch der Frühjahrs-Austrieb sollte langsam zum Abschluss kommen.

Lediglich bei schwächelnden Bäumen sollte der Wurzelapparat begutachtet und nötigenfalls ein Not-Umtopfen in Erwägung gezogen werden, dann aber ohne die Wurzeln mehr als unbedingt nötig zu bearbeiten, weil unsere Pflanzen nun zu Beginn der heissen Sommermonate alle Wurzeln brauchen, um Wasser aufzunehmen, damit die Kühlung durch Verdunstung und Assimilation gut funktionieren. Anderenfalls drohen Trockenschäden bis hin zum Absterben der Pflanze. Ursachen für schlechtes Wachstum oder Kümmern der Pflanzen können in einem kranken oder schwachen Wurzelapparat liegen, beispielsweise durch:

  • Trockenschäden/Giessfehler: Vertrocknete Wurzeln durch versäumtes Giessen. Das kann auch in Regenphasen passieren, wenn ein dichtes Blätterdach den Regen nach ausserhalb der Schale ableitet („Regenschirmeffekt“) und dadurch das Substrat trotz Regen austrocknet.
  • Nässeschäden/Giessfehler: Verfaulte Wurzeln durch Staunässe. In diesem Fall muss eine Not-Umtopfung erfolgen, die verfaulten (innen schwarzen) Wurzeln müssen bis in den gesunden (hellen) Teil entfernt werden. In diesen Fällen können die Schnittstellen mit zerriebener Holzkohle oder Aktivkohle eingepudert werden, um Infektionen zu verhindern.
  • Zu altes und/oder zu dichtes Substrat (versäumtes Umtopfen). Werden die Bonsai zu lange nicht umgetopft, wachsen die Wurzeln am Schalenboden so lange im Kreis bis sie schliesslich absterben. Meist werden die Pflanzen auch infolge dieses „Kreisens“ der Wurzeln aus der Schale gehoben, was wiederum zum beschleunigten Tod der Pflanze beiträgt. Auch verdichtet das Substrat im Lauf der Zeit, es wird hart und das Wasser läuft oberflächlich ab, ohne in den Wurzelbereich einzudringen. Die Anreicherung von Salzkristallen z.B. durch Giessen mit Leistungswasser oder durch nicht sachgemässes Düngen tun ihr Übriges.
  • Wurzelschädlinge: Gelegentlich sind auch Wurzelschädlinge die Ursache für Kümmerwuchs. Oft sind das Wurzelläuse oder die Larven des Rüsselkäfers, seltener auch Ameisen, die im Substrat nisten und dort Hohlräume schaffen.

  • Lediglich Azaleen können Anfang Juni (direkt nach der Blüte oder im März vor der Blüte) umgetopft werden, weil durch die feinen Wurzeln im Normalfall kein starker Eingriff in das Wurzelwerk erfolgen muss.

Es versteht sich von selbst, dass Bonsai nach einer Not-Umtopfung absonnig (aber nicht dunkel!) aufgestellt werden müssen, bis neues Wachstum einsetzt.

 

· Schneiden und Gestalten

Unsere Laubbäume haben nun Kraft geschöpft und zeigen das an einem oft „ausufernden“ Neuzuwachs mit teilweise sehr grossen Blättern. Damit Licht ins Innere kommt und der Aufbau einer guten Verzweigung erreicht wird, müssen unsere Bäume regelmässig beschnitten werden. Allerdings sollte der Neutrieb auf keinen Fall sofort beschnitten werden. Die Bäume brauchen etwas Zeit, um Kraft zu schöpfen bis die neuen Zweige leicht verholzt sind.

Beim Rückschnitt des Neuzuwachses ist zu unterscheiden zwischen Laub- und Nadelbäu-men und zwischen bereits ausgereiften oder noch im Aufbau befindlichen Bonsai.


· Triebschnitt an Nadelbäumen

Beim Rückschnitt von Nadelbäumen denken wir vor Allem an die Rückknospung.

Bei zweinadeligen Kiefern werden die Kerzen nun ausgebrochen oder um 1/3 bis 2/3 zu-rückgenommen, bevor sich die neuen Nadeln strecken. Gleichzeitig können an diesen Zwei-gen bei ausgestalteten Kiefernbonsai auch die alten Nadeln reduziert werden, wobei 4 – 5 Nadelpaare am Trieb bleiben.

 

Bei frisch getopften oder schwachen Bäumen werden die alten Nadeln erst im September selektiert. Durch diese Massnahmen kommt Licht ins Innere, dadurch wird die Rückknospung gefördert.

  • Nadelwacholderarten werden auf ein Drittel des Neuaustriebs zurückge-nommen.
  • Schwarzkiefern sind in ihrem Wachs-tum normalerweise etwas später dran, ihre Kerzen werden deshalb erst etwas später zurückgenommen.
  • Die im Normalfall etwas schwachwüch-sigeren 5-nadeligen Kiefern (Mädchenkiefern, Zirben) werden sensibler bearbeitet, d.h. zuerst werden die starken Kerzen gekürzt, die schwachen 1 bis 2 Wochen später. Auch das komplette Entfernen der Kerzen sollte hier gut überlegt sein.
  •  Mekiri und Tanbahoo sind sehr effektive Methoden, die Rückknospung bei zweinadeligen Kiefernbonsai zu fördern: Etwa ab Anfang/Mitte Juni (bis Mitte Juli) können bei vitalen und gesunden Kiefernbonsai alle neuen Triebe entfernt werden, sobald die Nadeln sich gestreckt und zumindest beinahe ihre volle Länge erreicht haben. Dabei kann auch weiter zurück geschnitten werden, es müssen aber auf jeden Fall noch Nadeln am Zweig bleiben. Die daraufhin noch im selben Jahr erscheinenden Knospen werden auf Wenige (2) pro Trieb selektiert und sollten innerhalb von 3 Monaten mit kleineren Nadeln austreiben und ausreifen. Durch diese Methode werden bei gesunden, wüchsigen Bonsai auch noch Knospen im „alten Holz“ gebildet, was auf andere Art kaum zu erreichen ist. Erfolgt diese Massnahme zu spät, werden die neuen Knospen erst im 

Folgejahr gebildet und austreiben.
Achtung:  Mekiri und Tanbahoo darf nur bei top im Wachstum stehenden, absolut gesunden Bäumen durchgeführt werden und auch nur max. 2 Jahre hintereinander!

· Trieb- und Blattschnitt an

Laubbäumen und Johannischnitt

  • Bei jungen, noch im Aufbau befindlichen Pflanzen wird der Neuzuwachs im Normalfall stehen gelassen bis zum nächsten Frühjahr (März) und erst dann „scharf“ zurückgenommen. Lediglich sehr starke Zweige werden auf 1 oder 2 Knospen bzw. Blattpaare zurückgeschnitten, um den Aufbau einer guten Struktur und Verzweigung zu fördern.
    Ausnahmen: Stark blutende Arten wie Ahorne oder Walnuss werden erst im Spätherbst zurückgeschnitten.
    Bei ausgereiften („fertigen“) Bonsai wird der Neutrieb bereits im Wachstum reduziert (pinziert). Dadurch werden die Verzweigung weiter angeregt und die Blattgrösse reduziert. Pinzieren darf aber nur bei absolut gesunden Pflanzen erfolgen. Bei reifen Bonsai werden jetzt nur noch Zweige zurückgeschnitten, welche die Kronen-Silhouette störend überragen oder solche, die zur Verbesserung der Aststruktur noch durchwachsen durften.
    Der Blattschnitt im frühen Stadium dient dazu, das Kronen-Innere zu belichten und so zu verhindern, dass innenliegende Knospen und schwächere Triebe absterben. Dieser Teil-Blatt-schnitt ist im Juni längst abgeschlossen.
  • Sonderfall Lärchen                        Lärchen sind Nadelbäume, weil sie aber im Herbst ihr „Laub“ verlieren, gleichen sie in ihrem Wuchsverhalten eher Laubbäumen und müssen deshalb auch ähnlich behandelt werden. Da Lärchen aber nur dann einen zweiten Austrieb bilden, wenn der Neutrieb sehr früh bearbeitet wird, kann der Neutrieb bereits während seines Wachstums bei Erreichen der gewünschten Länge zurückgenommen werden, um die Verzweigung zu fördern (man wartet nicht, wie z.B. bei Kiefern, bis sich der Neutrieb gestreckt hat, um ihn erst dann einzukürzen). Ist unsere Lärche noch im Aufbaustadium und damit ein Grössenwachstum und eine Stamm- oder Astverdickung gewünscht, lässt man den Ersttrieb zum Langtrieb auswachsen und schneidet erst im März des Folgejahres zurück. Allerdings haben Lärchen sehr dünne Leitungsbahnen, deshalb sollten generell immer eine gewisse Zahl von Langtrieben wachsen dürfen. 
    Auch Lärchen, die im Wachstum nachlassen oder kränkeln, dürfen „durchwachsen“, d.h. der Neuzuwachs wird erst im kommenden Frühjahr zurückgenommen.
  • Der sog. „Johannischnitt“ rund um den 24. Juni (etwas grosszügiger: „In der zweiten Juni-Hälfte“) ist traditionell ein hervorratender Zeitpunkt für einen stärkeren Rückschnitt z.B. an Rot- und Hainbuchen. Auch für einen kräftigen Rückschnitt an Kirschen ist das ein guter Termin.
    Wird der Johannischnitt pünktlich ausgeführt, haben die Blüten- und Fruchtbonsai noch ausreichend Zeit, die ab der zweiten Jahreshälfte einsetzende Bildung von Blühanlagen zu bilden.
    Wichtig ist, an Fruchtbonsai keinen übermässigen Fruchtbehang zu erlauben, sonst fällt die nächste Blüte mit grosser Wahrscheinlichkeit aus.
    Das Gleiche gilt für Blütenbonsai wie Satsuki-Azaleen, hier werden die Samenansätze sofort nach der Blüte entfernt.
  • Gestaltende Massnahmen wie das Drahten kann bei einzelnen, bereits leicht verholzten Zweigen bereits jetzt durchgeführt werden. Der Vorteil zu diesem frühen Zeitpunkt liegt darin, dass der noch weiche Neutrieb nach blieben geformt und ausgerichtet werden kann und empfiehlt sich besonders für Arten, deren Neutriebe schnell spröde und brüchig werden wie bei manchen Ahornarten oder Satsuki-Azaleen.

· Giessen

Ältere, bereits weitgehend ausgeformte Bonsai werden im allgemeinen etwas sparsamer mit Wasser versorgt als jüngere, noch in der Erziehung stehende Bäume. Ein großes Wasserangebot führt auch zu verstärktem Triebwachstum. Bei Kiefern bleiben bei sparsamem Wasserangebot die Nadeln erheblich kürzer als bei reichlichem Wässern.


• Düngen

Spätestens ab Juni werden auch unsere Nadelbäume gedüngt. Jetzt werden alle Bonsai (und auch die Beistell- oder Akzentpflanzen) gut gedüngt, damit sie gesund und vital bleiben. Gedüngt wird organisch oder mineralisch.


Mineralische (Flüssig-) Dünger können zeitgenau verabreicht werden und wirken sofort. Wird auf trockenes Substrat gedüngt, können Verbrennungen an den Wurzeln auftreten. Ist das Substrat durchgetrocknet, lieber das Düngen verschieben oder das Substrat 1 – 2 Stunden vorher gut wässern.


Es hat sich bewährt, Flüssigdünger „permanent“ anzuwenden, das heisst mit jedem Wässern wird ein entsprechend geringerer Anteil Flüssigdünger gegeben, dann wird beim nächsten Regenguss nicht die komplette Wochen-Düngerration ausgewaschen und es treten nicht so leicht Wurzelverbrennungen durch Düngesalzkonzentration auf.


Organische Dünger, meist in Pelletform, werden auf das Substrat aufgelegt. Die Düngewirkung setzt durch den relativ langsam in Gang kommenden Zersetzungsprozess zeitversetzt ein, deshalb werden organische Dünger ca. 2 Wochen früher aufgelegt. Die Wirkung wird durch ein langsames, gleichmässiges Zersetzen mit Hilfe von Feuchtigkeit und Mikroorganismen ausgelöst. In Japan funktioniert das aufgrund der stetig hohen Luftfeuchtigkeit hervorragend, in unserem Klima dagegen trocknen die Düngerpellets an heissen Sommertagen aus, wodurch der Zersetzungsvorgang unterbrochen wird und der Dünger ausgerechnet in dieser Zeit starken Wachstums der Pflanze nicht zur Verfügung steht und unter Umständen erst im kühleren und feuchteren Herbst wieder „anläuft“, wenn unsere Bonsai eigentlich schon auf den Wachstumsabschluss vorbereitet werden sollten.


Ich dünge mit WUXAL Super, das auch bei Verwendung von Leitungswasser keine Kalkflecken auf den Blättern hinterlässt, ph-neutralisierend wirkt und auch als schnellwirkender Blattdünger eingesetzt werden kann.
Empfohlen wird auch der abwechselnde Einsatz von Düngern (z.B. Wuxal und Mairol), was aufgrund der unterschiedlichen Repezturen zu einer ausgewogenen Ernährung führt. 

 

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Liebe Bonsaifreunde,
meine Veröffentlichungen beruhen auf eigenen Erfahrungen, den Erfahrungen erfahrener Kollegen und Fachbetriebe und Auswertungen der einschlägigen Fachliteratur. Wenn Diskussionsbedarf besteht oder andere  Erfahrungen gemacht wurden, dann schreibt mir doch eine E-Mail: w.porath@ro-online.de

Euer
Werner J. Porath
2. Vorsitz und Schulungsbeauftragter