Gestaltung und Pflege von Bonsai


 

Umtopfen

Neben Giessen, Düngen und Schädlingsbekämpfung steht das Thema Umtopfen ganz vorne in der Liste der Aktivitäten um unsere Bonsai und Akzentpflanzen.
Auch hier spielt der Entwicklungsstand des Bonsai eine wichtige Rolle: Während bei Bäumen in der Entwicklungsphase oder beim ersten Topfen in eine Bonsaischale das Substrat eher grob gewählt wird, um starkes Wurzelwachstum und damit ein insgesamt stärkeres Wachstum zu begünstigen, wird bei „fertigen“ Bäumen in der Erhaltungsphase das Substrat eher feinkörniger gewählt, um ein übermässiges Wachstum einzudämmen.


Der richtige Zeitpunkt:

Das regelmäßige Umtopfen ist für die Gesundheit und Entwicklung eines Bonsais von großer Bedeutung. Gleichzeitig führt aber ein gewisser Platzmangel in der Schale zu kurzen Trieben und der gewünschten Reifung eines Bonsais. Den richtigen Zeitpunkt für das Umtopfen zu finden ist also ein Gratwandel und es empfiehlt sich eine Dokumentation der Umtopfzyklen sowie die aufmerksame Beobachtung des Pflanzenwachstums. Sollte die Bodenoberfläche jedoch sehr hart sein und die Pflanze beim Gießen kaum noch Wasser aufnehmen, ist dies ein sicheres Zeichen für einen verdichteten Wurzelballen. Auch die Abzugslöcher am Schalenboden sind dann meistens zugewachsen. Allerspätestens jetzt muss umgetopft werden.


Im Allgemeinen werden Laubbonsai und Lärchen im zeitigen Frühjahr, (März/April) umgetopft, also idealerweise vor Beginn des wieder erwachenden Wurzelwachstums,
während für Koniferen (Kiefern, Wacholder, Eiben, Fichten usw.) als bester Zeitpunkt der frühe Herbst (ab Mitte August und September) üblich ist, weil Nadelbäume noch im Herbst neue Wurzeln bilden und in begrenztem Ausmass auch im Winter weiter wachsen. Zimmerbonsai können während der gesamten Wachstumsperiode (Februar-Oktober) umgetopft werden.

 

In der Regel sollten junge Laubbäume alle 2 – 3 Jahre und Nadelbäume alle 3 Jahre umgetopft werden. „Reife“ Bonsai werden alle 3 – 5 Jahre umgetopft. Je nach Pflanzenart und Entwicklungsstand sollte hier aber individuell entschieden werden.
Allerhöchste Zeit für das Umtopfen ist, wenn zu viele bzw. zu starke Wurzeln den Baum aus seiner Schale drücken oder die Wurzeln beginnen, aus den Abzugslöchern zu wachsen.

Ein zu häufiges Umtopfen kann die Pflanze schwächen, da sie meistens im ersten Jahr anwurzelt und erst im Folgejahr wieder normal austreibt.
Ein zu spätes Umpflanzen hat dagegen zur Folge, dass es den Wurzeln in der Schale an Platz mangelt und Äste durch die Unterversorgung mit Wasser und Nährstoffen leiden oder sogar absterben können.


Der angesagte Zeitpunkt für ein Umtopfen kann auch Schädlings- oder Parasitenbefall sein (z.B. Rüsselkäfer-Larven, Wurzelläuse, wurzelschädigende Engerlinge). Sobald ein Bonsai zu schwächeln beginnt und die Ursachenforschung einen Hinweis auf Probleme im Wurzelbereich ergibt, muss sofort gehandelt werden. Liegt dieser Zeitpunkt ausserhalb der „normalen“ Umpflanzzeit, müssen die Eingriffe am Wurzelballen so gering wie möglich gehalten werden.

Eine sehr erfolgversprechende Methode ist das „partielle“ Umtopfen, bei dem immer nur ein relativ geringer Teil des alten Substrats erneuert wird.

Hier spielt auch der Anwendungszeitpunkt eine untergeordnete Rolle, weil der Bonsai immer einen Grossteil seiner Wurzelmasse behält.

Zur Verbesserung des Nebari sollte auf die Substratoberfläche zerriebenes (Sphagnum-)Moos aufgebracht werden. Dadurch bleibt die Oberfläche lange aber nur leicht feucht und es bilden sich vermehrt feine oberflächennahe Wurzeln.


Auswahl und Vorbereitung der Schale:

„Darfs ein bisschen mehr sein“ ist keine gute Lösung. Die Schale orientiert sich an der Grösse des Bonsai, der darin die nächsten Jahre verbringen soll, an seinem Reifezustand (Aufbau- oder Erhaltungsphase), an der Optik des Gesamtwerks und an der Wasserspeicherfähigkeit des Substrats, also am eigenen Giessverhalten.
Eine Faustregel für die Schalengrösse besagt:
Die Schalenhöhe entspricht bei „fertigen“ Laub-Bonsai ungefähr dem Stammdurchmesser, bei Koniferen und jüngeren Bäumen oder wenn eine erhöhte Wasserspeicherfähigkeit erreicht werden soll, gerne auch etwas höher.
Die Schalenlänge sollte so gewählt werden, dass der Bonsai an seinen Rändern über die Schale hinausragt, also ca. 2/3 bis ¾ des Kronendurchmessers.
Bei noch jungen Bonsai in der Gestaltungsphase darfs tatsächlich „ein bisschen mehr“ sein.

 

Falls der Baum seiner Schale entwachsen ist, kann nun eine Neue ausgewählt werden. Einer Grundregel folgend, nimmt man für Laubbonsai gerne runde oder ovale, glasierte Schalen, für Koniferen (Nadelbäume) eher eckige und unglasierte, meist in Grün- oder Brauntönen. Für ein gesundes Wachstum ist die Größe entscheidend. Zu kleine Schalen führen schnell zu

Mangelerscheinungen und zu Grosse begünstigen Staunässe und gefährden damit ebenfalls die Gesundheit des Baumes.

Benutzt man die alte Schale wieder, sollte diese gründlich gereinigt werden. Als erstes müssen dann die Abzugslöcher mit einem Netz bedeckt werden, damit die Erde nicht ausgespült wird. Die Netze werden mit einem Draht fixiert. Eine pfiffige Idee ist, die Netze nicht auf der Innenseite des Schalenbodens anzubringen sondern auf der Aussenseite (Sie lesen tatsächlich richtig). Damit kann das Netz nicht einwachsen und Asseln und ähnlichen Pflanzenfressern wird der Zugang in den Wurzelballen erschwert. Gute Schalen verfügen über spezielle Drahtlöcher, um den Bonsai in der Schale zu befestigen. Falls diese nicht vorhanden sind, nutzt man einfach die Abzugslöcher.

 

Substrat ("Pflanzerde"):

In die fertig vorbereitete Schale wird spezielles Bonsai-Substrat eingefüllt. Das „richtige“ Rezept füllt ganze Bücher, kann jedoch auf wenige aber grundsätzliche Aspekte reduziert werden: Es sollte eine strukturstabile, der Pflanzenart, dem Entwicklungszustand und den Giessgewohnheiten angepasste Mischung sein. Es kann überwiegend organisch oder mineralisch sein. Ausschlaggebend ist, dass der Wurzelbereich nicht dauernass ist aber ausreichend Feuchtigkeit und Nährstoffe über einen längeren Zeitraum speichert und gut belüftet ist. Mineralisch aufgebaute Substrate sind strukturstabiler. Bewährt haben sich Mischungen aus Lava- und Bims-Granulat, gebrochenem Blähton, Perlite und vor allem Akadama, für Azaleen Kanuma, ggfs. etwas Kokohum oder notfalls Torf. Etwas Seramis kann als Feuchtigkeitsanzeiger genutzt werden.
Dem Substrat kann etwas langsam wirkender organischer Startdünger beigemischt werden (z.B. Hornmehl, Knochenmehl oder BioGold Classic). Nadelbäume (Kiefern) können beim Umtopfen auch mit einem Mykorrhiza-Pilz geimpft werden, falls das Wurzelwachstum zu wünschen übrig lässt. Meist ist die Ursache für fehlendes oder schwaches Mykorrhiza aber eine dauernd zu hohe Ballenfeuchtigkeit (Giessfehler“).

 

Umtopfen – Schritt für Schritt

Austopfen:

Vor dem Austopfen sollten alle nötigen Werkzeuge und Utensilien bereitgelegt werden. Auch die Substratmischung muss fertig bereit stehen, um ein zügiges und effektives Arbeiten zu ermöglichen.

Ist der Baum in der Schale gesichert (angedrahtet), wird zuerst der Draht um den Wurzelballen entfernt.

Nun kann der Baum aus der Schale gelöst werden, notfalls mit einem speziellen Messer oder einer entsprechenden Wurzelsäge. Besonders bei stark wurzelnden Arten und bauchigen Schalen ist die Säge oft die einzige Möglichkeit den Baum aus der Schale zu bekommen. Im schlimmsten Fall muss die Schale geopfert, d.h. zerbrochen werden, oft hilft aber auch ausdauerndes Klopfen gegen den Schalenrand z.B. mit einem Gummihammer.


Wurzelschnitt und Wurzelansatz:

Ebenso wie bei der Baumkrone, sollte man auch Wert auf einen guten Aufbau des Wurzelapparats legen. Beim Umtopfen werden die Wurzeln zunächst mit einem Haken entwirrt. Bei (mehrzinkigen) Wurzelkrallen besteht die Gefahr, dass zu viele Wurzeln beschädigt werden. Dabei arbeitet man vom Stamm nach außen ohne die Wurzeln zu zerreißen. Die locker herabhängenden Wurzeln können dann mit einer scharfen Schere eingekürzt werden. Dickere Wurzeln können auch mit einer Zange abgeschnitten werden. Ist der Wurzelballen sehr umfangreich und dauert die Bearbeitung entsprechend lange, könnten die ungeschützten Wurzeln austrocknen. Um das zu verhindern kann der Wurzelballen während der Bearbeitung durch regelmässiges Besprühen vor Austrocknung bewahrt werden.

Starke Schnitte werden am besten mit einer speziellen Wurzelpaste behandelt. Auch das Bestreuen der Ballen-Unterseite mit fein zerriebener Holzkohle wirkt antibakteriell und fäulnishemmend und hat sich bewährt.

Ziel des Wurzelschnitts ist ein Ballen aus vielen, feinen und leistungsfähigen Wurzeln, grobe oder starke Wurzeln sind  kontraproduktiv und werden nach und nach entfernt.

Oft besteht das Zentrum des Wurzelballens noch aus altem Substrat, (z.B. Erdreste aus der Natur oder dem Garten). Das führt durch unterschiedliche Wasserführungseigenschaften früher oder später unweigerlich zum Faulen oder Vertrocknen grosser Wurzelpartien. Unterschiedliche Substrate in einer Schale sind also unbedingt zu vermeiden, ggfs. muss der gesamte Wurzelballen ausgespült werden.

Für einen schönen Wurzelansatz ist es wichtig, die seitlichen und oberflächennahen, nicht die unteren Wurzeln zu fördern. Dazu wird die Unterseite des Wurzelballens stärker eingekürzt. Es müssen aber immer genügend Feinwurzeln am Baum verbleiben, um das Anwachsen der Pflanze sicher zu stellen. Einen ausgezeichneten Lösungsansatz bietet hier das partielle Umtopfen. Der Wurzelansatz („Nebari“, Übergang vom Wurzelballen zum Stamm) sollte vor dem Eintopfen dann noch mit einer Bürste und Wasser gereinigt 

werden. Optisch störende Wurzeln können jtezt auch komplett entfernt werden, sofern der Baum physiologisch darauf verzichten kann.

Eintopfen und Andrahten:

Beim partiellen Umtopfen wird nun nur das entfernte Substrat ersetzt und schon sind wir fertig. Sonst wird Schicht für Schicht das Substrat eingefüllt. Es wird nach Möglichkeit (besonders bei tieferen Schalen) am Schalenboden gröber gewählt und nach oben hin feiner. Zunächst wird nur so viel Substrat eingefüllt, dass der Baum anschließend die passende Höhe in der Schale hat. Der Wurzelansatz sollte weder unterhalb noch oberhalb des Schalenrandes liegen. Der Baum wird so platziert, dass er leicht versetzt von der exakten Mitte der Schale steht. Gleichzeitig wird der Neigungswinkel des Bonsai ausgerichtet.

Weil sich der Baum noch nicht durch seine eigenen Wurzeln in der Schale halten kann, muss er unbedingt festgedrahtet werden. Dadurch verhindert man ein Herauskippen der Pflanze und die frischen Wurzelhärchen können ungestört wachsen. Ein Draht wird dazu von unten durch die Drahtlöcher oder die Abzugslöcher und über den Wurzelballen geführt, fest angezogen und verdrillt. Der überflüssige Draht wird eingekürzt. Sollte der Draht über den Wurzelansatz laufen, kann hier etwas Schutzschlauch verwendet werden. In Japan treibt man kleine Bambusstöckchen in den Wurzelballen und befestigt den Draht daran. Nach dem Andrahten sollte der Baum fest in der Schale sitzen und ohne Problem am Stamm hochgehoben werden können.

Danach wird das restliche Substrat eingefüllt und mit einem Stäbchen gewissenhaft in sämtliche Hohlräume eingearbeitet. Es ist darauf zu achten, dass dadurch nicht die Wurzeln an die Oberfläche befördert werden und diese dann aus dem Substrat herausstehen

 

Zu guter Letzt werden noch einmal der Stand des Baums in seiner Schale und sein Neigungswinkel überprüft. Die Baumspitze neigt sich immer ein wenig auf den Betrachter zu, niemals von ihm weg.

 

Alternative Partielles Umtopfen

Statt der üblichen, totalen Entfernung allen alten Substrats mit entsprechender Beschädigung der Saugwurzeln kann das Substrat auf nur einer Hälfte des Wurzelballens ersetzt werden, vorausgesetzt, es ist in eiwandfreiem Zustand. Der Bonsai wird aus der Schale genommen und lediglich der äussere Rand (wenige cm) des Wurzelballens entfernt. Beim Wieder-Eintopfen wird nur das entfernte Substrat ersetzt. Das hat den Vorteil, dass die andere Hälfte störungsfrei weiterwachsen und den Bonsai versorgen kann. Gleichzeitig kann der Bonsai in seiner Schale leicht versetzt und sein Wachstum beeinfluss werden.
Bei einer abgewandelten, etwas umständlicheren Methode werden Löcher aus dem Substrat herausgespült und diese mit neuem Substrat wieder aufgefüllt. Auch so wird im Lauf weniger Jahre das alte Substrat komplett ausgetauscht aber für die Pflanze erheblich schonender als mit einem kompletten Substrattausch und das Mycel, z.B. bei Kiefern, wird ebenfalls nie komplett zerstört. Ausserdem kann das Umtopfen so auf die gesamte Vegetationszeit ausgedehnt werden.


Angießen:

Wenn die Pflanze eingetopft ist, muss sie gründlich gewässert werden. Dabei wird solange mit einem feinen Brausekopf gegossen, bis klares Wasser aus den Abzugslöchern läuft. Bewährt hat sich auch ein langsames Tauchen bis zum Schalenrand. In jedem Fall muss aber darauf geachtet werden, dass das noch lose Substrat nicht von der Oberfläche geschwemmt wird. Das Substrat sollte ab jetzt auch nicht mehr austrocknen, Staunässe ist ebenfalls zu vermeiden. Bonsai, besonders in flachen Schalen, profitieren in dieser Zeit von einer dünnen Schicht mit feinem Sphagnum-Moos, welches auf die Erdoberfläche gestreut wird.


Nachsorge:

Frisch umgetopfte Bonsai sind empfindlich und sollten hell und geschützt vor Sonne, Hitze, Wind uns Frost stehen. Sobald die Pflanze austreibt, muss verstärkt auf Schädlingsbefall geachtet werden. Läuse befallen gerne den Neuaustrieb und müssen umgehend entfernt werden. Sobald die Pflanze angewurzelt ist und kräftig treibt, kann mit dem Düngen begonnen werden (ca. 4-6 Wochen nach dem Umtopfen).


Quelle: Bonsaischule Enger und eigene Erfahrungen


Liebe Bonsaifreunde,

meine Veröffentlichungen beruhen auf eigenen Erfahrungen und Auswertungen der einschlägigen Fachliteratur. Wenn Diskussionsbedarf besteht oder andere Erfahrungen gemacht wurden, dann schreibt mir doch eine E-Mail: w.porath@ro-online.de

Euer

Werner J. Porath

2. Vorsitz und Schulungsbeauftragter